21 Juni 2012

"Die Musik erklärt sich von selbst" - DJ Jondal im Interview



Vor genau einer Woche  wurde in Wien nachts geshoppt. Für musikalische Versorgung  sorgte während der Vienna Fashion Night Chillout-Legende DJ Jondal von LoungeFM.

Ich hatte davor das Privileg, bei einem kühlen Eiskaffee, mit Martin Unger (alias DJ Jondal) zu sprechen. Und ich hätte ihm noch stundenlang weiter zuhören können, denn egal ob seine Musik oder seine Stimme, es macht einfach Freude hinzuhören.

Er erzählt aus seiner Zeit in New York, wie es ist mit Fashionistas zu arbeiten und welche Musik für ihn nervig ist. Stimmt das Gerücht, dass Chillout-Musiker besonders treu sind und was ist deine Lieblingswurst?

Das gesamte Interview zum Nachlesen und eine kleiner Ausschnitt zum Rein hören…


Aktuelles Thema zuerst: Verfolgst du die Europameisterschaft? Hast du die Deutschlandspiele gesehen?

Sporadisch. Ich sehe das unter sportlichen Gesichtspunkt, wenn ich das unter jedem anderen Gesichtspunkt betrachten würde, würd ich sagen, sie sollte nicht statt finden. Es gibt wirklich wichtigere Dinge auf der Welt, besonders wenn man dann die Situation der Austragungsorte anschaut.  Zumindest in der Ukraine, da weiß ich nicht was es da zu feiern gibt und warum man dafür Millionen ausgibt, während die Leute auf der Straße ganz andere Sorge haben. Während der EM ist natürlich wunderbar mit Brot und Spiele die Europäer abzulenken von den Problemen. Aber ich bin kein ausgesprochener Fußballfan. Meine Sportvorlieben bestehen eher in all dem was sauschnell ist.  Ich bin ein Motorsport-Fan. Alles was krach macht und irgendwie schnell ist. Das ist mein Kontrapunkt zur Musik.

Du hast schon bei über 100 VIP-Events aufgelegt unter anderem auch bei der Christian Dior Party in München. In wie fern unterscheidet sich die Playlist bei solchen Fashion Events im Vergleich zum Beispiel zu einem Automobil –Event? Gibt’s da Unterschiede?

Da gibt’s schon Unterschiede, weil zum einem, je nach dem ob eine neue Kollektion gezeigt werden soll und zum anderen kommt es auf die Jahreszeit drauf an. Diese Events werden immer im Vorfeld mit dem Auftraggeber abgesprochen, in dem Fall mit der Modemarke, weil die natürlich irgendwas rüber bringen wollen. Du musst auch schauen, dass du kosmopolitischen Sound auflegst, das heißt etwas, dass in Paris genau so cool ist, wie jetzt in London oder in Moskau. Also versucht man auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen und schaut sich  in dem Dunstkreis an, was hören die Fashionistas, mit was kommen die in Berührung? Und dann versucht man zu schauen: Wen kennen die alle? Früher war es Gotan Project oder De Phazz, die auf allen möglichen Laufstegen der Welt liefen. Ich  versuche auch diese Strömungen reinzubringen. Das heißt in New York kann ich natürlich mehr industrial Sound bringen, bisschen abgefahrener mit extrem Rock und dann wieder eine cute Voice a la Madonna, wo ich hingegen aber auch darauf achten möchte, dass ich auch dem Label, je nach dem wo es herkommt, einen Tribut zolle, indem ich dann etwas frankophiles spiele oder einen Titel auf deren Sprache einbaue.
2006 hab ich ja den Life Ball eröffnet und da waren wir fast einen Monat im Studio und haben aus einem riesen Fundus von Schreitänzen des 18. Jahrhunderts  Musik zusammengestellt, die natürlich auf Wien und das Thema Barock maßgeschneidert war. Verbunden wurde das Ganze mit Elektronik, Housebeats und fetten Bässen. Das hat die Welt in der Form noch nie vorher gehört und danach auch nicht, weil diese Musik von dem Abend wurde nicht veröffentlicht und wird auch nie veröffentlicht werden. Das war ein einzigartiges Ereignis, und hat Spaß gemacht, weil es erstaunlich zu sehen war, wie die Wiener reagiert haben. Es war für mich eines meiner Highlights auf dem  Lifeball vor fast 45.000 Leuten zu spielen, vor so einer Kulisse, das macht man auch nicht jeden Tag.

Jetzt muss ich dich auch auf deine wilde Phase in New York ansprechen. Wie war die Zeit damals im Studio 54?




Wenn du nur eine CD haben könntest mit 10 Liedern, was müsste da unbedingt drauf?

Puh, du machst es aber echt schwer. „Shine on you crazy diamond“ – Pink Floyd, Jimi Hendrix, Moby, auf jeden Fall Depeche Mode, ein Titel von Bob Marley,  Mozart oder Peter und der Wolf, irgendwas Klassisches aber auch ein richtig hartes Rockstück, zum Beispiel Rammstein. Ich kann mir vorstellen, dass ich aus 10 verschiedenen Genres, den für mich persönlichen Lieblingstitel nehme.  

Und gibt es eine Musikrichtung, die du überhaupt nicht gerne hörst? 

Was ich nicht mag, ist Free-Jazz. Ich finde es toll, dass die Leute ihre Instrumente beherrschen,  hab’s aber nie verstanden. Die Virtuosität von den Musikern bewundere ich, nur verstehe ich nicht, wenn beim Montreux  Jazz-Festival, irgendwann die Leute frenetisch aufspringen und  schreien: wow! Wieso? Weil er jetzt die Gitarrensaite getroffen hat, oder wie? Musikalisch gesehen nervt das. Oft auch, wenn man Essen geht und der Besitzer vom Lokal, meint er müsste jetzt intellektueller sein als der Rest, indem er dann irgendein jazziges Gedudel  auf seiner Klarinette spielt, während ich versuch mit meiner Freundin ein Candle-Light Dinner zu genießen, finde ich das total nervig.
Ich finde es hat jede Musikrichtung seine Berechtigung. Es geht ja um Emotionen. LoungeFM ist ein Sender, der ganz bewusst auf Musik fokussiert ist und nicht auf Moderatoren, die mit irgendeinem Gewinnspiel nerven und ihre Hörer verarschen und andauernd den Leuten irgendeinen Schrott erzählen, sondern die Leute sollen zuhören. Und das löst ja Emotionen aus. Das ist für mich das Privileg, dass ich überhaupt das machen darf und die Menschen mit meiner Musik berühren kann und Brückenbauer für verschiedenste Kulturen bin. Das muss man nicht mit Worten erklären, die Musik erklärt sich von selber und das ist für mich der springende Punkt. Jeder soll machen was er will, da muss man nicht abfällig werden, nur weil es einem selber nicht gefällt,  das hat was mit Respekt zu tun und so sehe ich das mit der Musik auch. 

Es gibt das Gerücht, dass Menschen die viel Chillout-Musik hören, besonders  treu sind. Kannst du das bestätigen?

(lacht) Ich formuliere das mal andersrum. Ich denke, dass Leute die solche Musik hören, mit sich und mit der Welt ein bisschen mehr im Einklang sind. Wir wollen ja entschleunigen  aus diesem Zirkus in dem sich jeder hier befindet. Meditation für die Seele im akustischen Bereich. Ich glaube, dass die Menschen generell ruhiger sind und ich glaube, wenn du ausgeglichener bist, bist du harmonischer und dem zu Folge hast du in deiner Beziehung eher Harmonie. Für mich war es schleierhaft, warum sich Jugendliche eine Techno-Platte kaufen. Selbst wenn ich’s über Kopfhörer höre, bin ich einsam und allein mit meinem MP3-Player, das ist scheiße. Das kannst du nur genießen, wenn du mit tausenden auf einem Rave bist oder in der Großraumdisco, dann bist du gleichgeschaltet und dann geht’s nur noch um das Licht, die Zuckungen von den Leuten, dann macht das Spaß. Aber  diese Leute sind in ihrem ganzen sozialen Verhalten vollkommen überdreht, die sind Dauer-ADS.  Und wenn du nur das haben willst, dann bist du in der Altersgruppe vermutlich nicht sehr monogam gepolt.
Ich mach keine halben Sachen. Ich hab gar kein Bock fremd zu gehen, weil ich Angst vor dem Stress hab. Heute in dem Zeitalter von Handy, weil es ja eine SMS kommen könnte und dann musst du erklären, wer das ist und so weiter, das ist mir zu stressig.

Du magst warme und sonnige Länder. Gibt’s eine Stadt oder Land in dem du noch nicht warst, aber gerne mal hin möchtest?

Genügend. Tokyo war ich noch nicht. Ich möchte auch mal nach Peking. Nach Neuseeland wegen der Natur. Dann möchte ich auch gern wieder nach Amerika. Ich möchte eine Tour mit meinem Sohn machen, weil das was ganz spezielles ist. Ich möchte in die Black Hills zu den Indianerstämmen.  Mir geht’s um die spirituelle Erfahrung, weil ich mich sehr mit der Thematik nordamerikanischer Ureinwohner beschäftigt habe. Den Kopf frei machen, und einfach mal eintauchen abseits von Karl May und irgendwelchen merkwürdigen Hollywood-Filmen. Das mach ich auch generell, wenn ich in fremde Länder reise,  dann ist es für mich nicht der All-inclusive-Club, sondern ich gehe da essen, wo die Einheimischen auch essen und ich möchte wissen, wie deren Alltag aussieht. In die Kultur von den Menschen eintauchen, sonst kann ich mir das Land ja auch auf dem Discovery-Channel ansehen.

Hast du irgendwelche skurrilen Hobbies?

Ich bastle sehr gern. Das kommt sehr spontan und muss dann auch spontan umgesetzt werden. Ich hab jetzt gerade einen Lichtbaum, den keiner außer mir versteht, aber das werden sie schon noch. Ich hab mal aus dem Unterteil einer kaputten Lampe eine neue gemacht. Aus Weidenzweigen und Draht. Die ist total abgefahren, weil sie aus Naturmaterialien ist und so in der Form nicht nochmal existiert. Und dann kam ich auf die Idee, dass ich einen Lichtbaum will. Der besteht aus einer Pappröhre mit 200 winzig kleinen Löchern, montiert auf einem Naturholzbrett  und in dieser Röhre ist eine Lichterkette drin.  Und zwischendurch gibt’s größere Löcher und da hab ich echte Zweige reingesteckt. Und wenn man den abends im Garten aufstellt, dann ist das saugeil! Es geht mir einfach darum, eine kreative Idee die irgendwo entspringt umzusetzen. Durch meinen Job hab ich das Privileg, dass ich das im Laufe meines Lebens so oft machen konnte. 

Zu guter Letzt werde ich meinem Namen gerecht: Was ist deine Lieblingswurst?

Ich komm zwar aus Frankfurt, aber meine Lieblingswürste sind Nürnberger Bratwürste und ungarische Salami.

 „The DJ Jondal Show“ – Montag bis Freitag ab  21 Uhr bis Mitternacht  auf LoungeFM

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